Gemeinsame Pressemitteilung der AG „Trostfrauen“ des Korea Verbandes und des Vereins Eziden Weltweit e. V.„Geteilte Zeit an versetztem Ort“
Beide Vereine organisieren ein in dieser Form erst- und einmaliges Treffen von Zeitzeuginnen.Eine ehemalige „Trostfrau“ aus Südkorea und eine ehemalige Sexsklavin des IS treffen in Berlin aufeinander, um der Welt zu zeigen, welche schrecklichen Folgen die sexuelle Gewalt gegen Frauen in militärischen Auseinandersetzungen für die Betroffenen hat. Der Verlust der körperlichen Selbstkontrolle, der Verlust der körperlichen Unversehrtheit, das hilflose Ausgeliefertsein einer Macht gegenüber, die in der Lage ist, jederzeit und ungefragt auf Körper, Geist und Seele der Betroffenen einzuwirken, bis hin zur willkürlichen und ungestraften Tötung, die Gefühle der unendlichen Erniedrigung und die Folgeerscheinungen für Psyche und Gesundheit, all das soll zur Sprache kommen. Frau Gil Won-ok (geb. 1926) aus Korea blickt auf ein langes, bewegtes Leben zurück, während Frau Marwa al-Aliko am Beginn desselben steht.
Ende der 1930er Jahre des 20. Jahrhunderts: Die japanische kaiserliche Armee zwingt in den von ihnen besetzten Gebieten und Kolonien um den Pazifik schätzungsweise 200.000 Frauen und Mädchen zur Hebung der Disziplin, Moral und Kampfkraft ihrer Streitkräfte zur Prostitution. Euphemistisch wurden sie als „Trostfrauen“ bezeichnet. Oft über mehrere Jahre hinweg wurden die Mädchen und Frauen in Gefangenschaft gehalten, missbraucht, gefoltert und oft getötet.
3. August 2014: Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ überfällt das schutzlose Siedlungsgebiet der Eziden im Nordosten des Irak. Was folgt, ist der erste Völkermord des 21. Jahrhunderts, beispiellos in seiner Grausamkeit und Gnadenlosigkeit gegenüber den Opfern.
Die Terroristen ermordeten die Männer und älteren Frauen, verschleppten die männlichen Kinder und Jugendlichen, um sie zwangsislamisieren zu können, und nahmen die jungen Frauen und Mädchen gefangen, um sie als Sexsklavinnen an ihre Söldner zu verteilen oder auf eigens dazu eingerichteten Sklavenmärkten an Käufer aus der gesamten islamischen Welt zu verkaufen.
Datum: Sonntag, 28. Mai 2017, 14-16 Uhr
Ort: Nachbarschaftshaus am Lietzensee e.V., Herbartstraße 25, 14057 Berlin
Moderation: Izi Aharon (www.haOlam.de)
Sprache: Deutsch
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GIL WON-OK
Frau Gil ist eine der ehemaligen sogenannten „Trostfrauen“, die während des Zweiten Welt-krieges durch das japanische Militär zwangsprostituiert wur-den. Betroffen waren davon Schätzungen zufolge bis zu 200.000 Mädchen und Frauen aus dem Asien-Pazifik-Raum sowie den Niederlanden (Besatzer von Indonesien). Frau Gil wurde im Jahr 1940 in die sexuelle Sklaverei gezwungen, als sie dreizehn Jahre alt war.
Sie wurde durch das Gerücht von Arbeit, mit dessen Verdienst sie ihrem Vater unter die Arme greifen könnte, in die Mandschurei gelockt. Als sie dort ankam, war sie von japanischen Soldaten umgeben. In ihrer Gefangenschaft wurde sie mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt, die es ihr unmöglich machte zu arbeiten. Schließlich wurde sie nach monatelanger Gefangenschaft zurück nach Korea geschickt.
Als sie 15 Jahre alt war wurde sie nochmals erwischt und nach China verschleppt, wo sie bis zum Kriegsende unter fürchterlichen Konditionen in die Sexsklaverei gezwungen wurde. Mit einer Operation machte man sie absichtlich unfruchtbar. „Es war so eine grausame Tat. Die Japaner hätten niemals so eine abscheuliche Tat begangen, wenn es um ihre eigenen Töchter gegangen wäre. Sie verschlossen mir beide Eileitern, die später dadurch faustgroße Zysten bildeten, als ich gerade zwanzig war. Das heißt ich war von innen verstümmelt seit ich fünfzehn Jahre alt war.“ Durch die Teilung Koreas konnte sie ihre Familie im Norden nie wiedersehen.
Mit 30 Jahren adoptierte sie ihren Sohn, der ihr die Kraft gab, nicht aufzugeben. Das Schicksal der damaligen „Trostfrauen“ wurde erst im Jahr 1991 durch die mutige Zeitzeugin, Kim Hak-soon enthüllt. Frau Gil überwand 2003 die Angst, öffentlich über Ihr Schicksal zu sprechen. Seither engagiert sie sich für den Frieden und hilft anderen Opfern sexueller Gewalt. Sie ist eine der Ideengeberinnen des Schmetterlingsfonds: Zusammen mit Frau Kim Bok-dong wollte sie alles Geld, was sie je von der japanischen Regierung bekommen würden, für andere Opfer sexueller Gewalt spenden. Da man nicht wusste, wann das eintreffen würde, wurde der Schmetterlingsfond ausgerufen und die gesammelten Spenden unterstützen Frauen und Mädchen aus Vietnam und aus dem Kongo.
Frau Gils Engagement z.B. bei den Mittwochsdemonstrationen der ehemaligen „Trostfrauen“ in Südkorea vor der japanischen Botschaft verhilft ihr nun zu einem glücklichen Leben.
Foto von Tsukasa Yajima: Frau GIL Won-ok auf dem Friedensfestival 2010 in Berlin
MARWA AL-ALIKO
Frau Marwa al-Aliko ist ein 23 Jahre junges ezidisches Mädchen aus Shingal (Til-Keseb). Im Alter von 21 konnte sie aus den Fängen der IS-Terroristen befreit werden. Drei Monate voller Qualen war sie in Gefan-genschaft als Sexsklavin gehalten und an mehrere IS-Terroristen weiter-verkauft worden. In dieser Zeit war sie grausamer Gewalt bis hin zu Vergewaltigungen ausgesetzt.
Im Jahr 2014 wurde sie in der Nähe des Shingal-Gebirges in ein Auto gezerrt und nach Solakh, einem Ort in der Nähe von Shingal-Stadt, gebracht. Dort waren ezidische Männer und Frauen versammelt. Die Frauen wurden in einem großen LKW weiter nach Mosul gefahren. In Mosul wurde sie von ihrer Mutter, Schwägerin, zwei Schwestern (15 und 17 Jahre) und zwei jüngeren Brüdern (11 und 9 Jahre), die ebenfalls verschleppt worden waren, getrennt. Ihre Reise ging bis nach Syrien. Sie wurde von IS-Terroristen an einen reichen Ägypter verkauft. Bei ihm wurde sie zusammen mit vielen anderen Mädchen 15 Tage lang gefangen gehalten, bevor man sie in ein Gefängnis brachte. Nach etwa einem Monat, den sie im Gefängnis ausharren musste, wurde sie nochmals verkauft, dieses Mal an einen ranghohen IS-Terroristen. Er versuchte sie zum Islam zu konvertieren und tat ihr schreckliche Dinge, bis hin zur Vergewaltigung, an.
Nach derartigen traumatischen Erlebnissen und zwei nochmaligen Weiterverkäufen gelang Marwa schließlich die Flucht zu einer Familie, der sie sich anvertraute und die sie einen Monat lang aufnahm. Als ihre Nachbarn erkannten, dass sie Ezidin war, forderten sie Geld, um sie nicht an den IS zu überliefern. Marwa al-Aliko konnte am 03.11.2014 durch die Hilfe ihres Onkels, der viel Geld für Schmuggler bezahlte, entkommen. Seit September 2015 lebt Marwa mit ihrer Mutter und zwei jüngeren Brüdern, die Anfang März 2015 ebenfalls befreit werden konnten, in Deutschland und setzt sich hier für Frauen- und Menschenrechte ein. Im Oktober 2016 war sie für ein Gespräch über die Situation der Frauen in IS-Gefangenschaft als Gast bei der UN.
Gegenwärtig sind immer noch über 3200 Frauen und Kinder in der Gewalt der IS-Terroristen, dazu zählen auch die beiden jüngeren Schwestern sowie der Vater Marwas.